Viele Sprachenlerner verkrampfen, wenn sie das Wort “Einstufungstest”, “Evaluation” oder “Einschätzung” hören.
Eine Sprache zu lernen, kann ein ziemlich demütigender Prozess sein: Man wird wieder wie ein Kind in einer neuen Umgebung und muss wieder neu lernen, mit der Welt zu interagieren. So ist es logisch, dass die Idee, diese Fähigkeiten in der fremden Sprache jetzt auch noch genauer zu messen und den Lernprozess evtl. zu kritisieren, für viele stressig und unerwünscht ist:
Man verhält sich ohnehin schon vor vielen Leuten den ganzen Tag lang wie ein Trottel, jetzt soll man auch noch genauer objektiv einschätzen, wie sehr und in welcher Weise man Tag aus, Tag ein versagt.
Aber Evaluation und Einstufung muss nicht peinlich sein. Sie wird immer Teil des demütigenden Prozesses des Sprachenlernens sein. Das ist sicher. Aber die Überprüfungen können und sollten ein besonders ermutigender und motivierender Faktor im Sprachlernprozess sein, wie ich später zeigen werde.
Ich werde die nächsten sechs Artikel über Einstufungstests schreiben, um zu zeigen, wie sie dem Fortschritt eher helfen als hindern. Dieser Beitrag und der nächste diskutieren, warum (und warum nicht) wir die Tests machen. Die nächsten zwei reden darüber, was wir testen. Und die letzten zwei beantworten die Frage, wie wir testen.
- Also, warum solltest du deine Sprachlernkenntnisse einschätzen lassen?
- Was ist der Zweck?
- Ist ein Test nicht eine Aktivität nur im Klassenraum, dort eine Notwendigkeit, um Leuten Noten zu geben?
Für eine Antwort sollten wir uns erst mal fragen, warum wir nicht testen.
Zuallererst, teste deine Sprachfähigkeiten nicht (nur) weil es deine Pflicht ist, dein Arbeitgeber / deine Organisation es so wollen. Nun, wenn dein Arbeitgeber dich verpflichtet, deinen Fortschritt zu evaluieren (normalerweise um festzustellen, dass du das vereinbarte Niveau erreicht hast), dann musst du es machen.
Aber wenn das der einzige Grund für die Evaluation ist, dann wird sie nicht sehr effektiv sein. Wenn du nur daran interessiert bist, ein bestimmtes Niveau zu erreichen, dann beginnst du wahrscheinlich, Abkürzungen zu suchen: auf den Test hin lernen, viele Evaluationen in kurzer Zeit machen usw.
Die Einschätzung deiner Fähigkeiten wird sich auf die vereinbarten Ziele fokussieren und nicht auf das Langzeitwachstum in verschiedenen Bereichen unterschiedlicher Fähigkeiten. Zudem, wenn du einmal das vereinbarte Niveau erreicht hast, wirst du wahrscheinlich etwas faul und denkst, du bist “angekommen” und verlierst die Motivation weiterzugehen.
Zweitens, mach keine Evaluation nur, weil die letzte eine Weile her ist. Das ist auch kein schlechter Grund, aber an und für sich reicht das nicht. Der Zeitaufwand, der zwischen zwei Tests liegt, ist unwichtig verglichen mit dem Arbeitsaufwand, den du betrieben hast, um weiter zu kommen und in der Sprache zu kommunizieren.
Drei Monate fokussiertes Arbeiten können mehr sein als drei Jahre lang ein bisschen. Also, geh sicher, dass du einige Schritte getan hast, bevor du einen Test machst, auch wenn der letzte länger her ist.
Zum Schluss: Lass den Einstufungstest sein, wenn du nicht bereit bist, dein Sprachlernprogramm zu ändern. Das ist kein Grund, eher eine Haltung. Viele Lerner machen einmalige Tests und lassen das Ergebnis dann liegen.
Sie bekommen ein Abbild ihrer Fähigkeiten, Ziele für die nächste Zeit und Ideen, wie es weitergehen kann, machen aber nichts damit. Wenn du nicht denkst, dass du mit dem Testergebnis arbeitest und ihm erlaubst, dein Programm zu ändern – dann gibt es keinen Grund einen zu machen.
Das waren ein paar “warum nicht”. Der nächste Beitrag guckt auf die “Warums”.