Im vorigen Artikel sprach ich von guten und schlechten Gründen, warum man seine Sprachfähigkeiten testen sollte. Dabei spielten facettenreiches, vorwärts gewandtes und praktisches Testen ein wichtige Rolle, um Motivation und stetigen Fortschritt in der Sprache zu erhalten. Aber wenn dieser Test facettenreich sein soll, welche Fähigkeiten sollten dann alle getestet werden? Das ist das Thema der nächsten zwei Beiträge.
Zuallererst stelle sicher, dass du alle wichtigen Kategorien von Sprachfähigkeiten testet statt nur eine. Es ist normal für mündliche Sprachtests, dass nur die Sprechfähigkeiten des Lerners evaluiert werden. (Schriftliche Tests sind normalerweise nur auf Lesefertigkeiten ausgerichtet.) Allerdings sind Sprechen und Hörverstehen unterschiedliche Fähigkeiten und sollte auch so behandelt werden. (Zum Beispiel haben viele Leute in Sprachkursen eine Reihe von Sätzen gelernt, die sie aber nicht verstehen würden, wenn ein Muttersprachler dieselben Sätze zu ihnen sagt.) Also müssen wir sicher stellen, dass alle Kategorien von Sprachfähigkeiten einbezogen werden, es sei denn, es gibt einen guten Grund, es nicht zu tun.
Und welche sind diese Kategorien? Ich denke, es gibt fünf:
- Hörverstehen
- Sprechen
- Bedeutungsvermittlung / Gesprächskompetenz
- Lesen
- Schreiben
Da ich hauptsächlich mit mündlichen Sprachen arbeite, werde ich nur die Fertigkeiten in den drei ersten Kategorien diskutieren. Zunächst, bei Hörverstehen gucke ich nach den folgenden Fähigkeiten:
– Geschwindigkeit: Welchem Sprechtempo kann ein Lerner folgen? Schneller, undeutlicher Rede? Normale Sprechgeschwindigkeit? Langsame Rede? Extrem langsames Sprechen? Man kann das mit ein paar Ausdrücken (Sätze, Absätze, Texte usw.) testen, die für den Lerner gut verständlich sein sollten, und lässt sie in unterschiedlicher Geschwindigkeit vorlesen (oder vorspielen, normalerweise langsamer werdend), bis er oder sie versteht, was gesagt wird. Tempo ist eine der größten Barrieren für Lerner: Sie prozessieren das Gesagte oft nicht schnell genug, um normales Sprachtempo zu verstehen.
– Komplexe Strukturen: Damit meine ich die grammatische Komplexität eines Wortes. Manche Sprachen erlauben es, sehr viele Bedeutungsteile (genannt Morpheme) an ein Wort zu hängen, was ein ziemlich konfuses Sammelsurium für Sprachlerner erzeugen kann. Zum Beispiel kann man „ich habe es ihm nicht gebracht“ in manchen arabischen Dialekten mit nur einem Wort sagen. Lerner solcher Sprachen werden eine gut entwickeltes Hörverstehen brauchen, welches solche komplexen Wörter aufnehmen, analysieren und in ihren Kontext setzen kann. Man testet so etwas, indem man viele dieser Wörter in eine Geschichte einbaut und prüft, wie gut ihr der Lerner folgt.
– Grammatische Konstruktionen: Das ist ein ziemlich weites Feld und ich muss es in verschiedene Kategorien herunterbrechen, um etwas zu verbessern. Aber für heute: Ich nutze den Begriff hier für die Fähigkeit, Phrasen oder ganzen Sätzen zu folgen, obwohl sie eventuell komplexere grammatische Elemente beinhalten. Das können Tempus oder Aspekt oder andere zeitbezogene Charakteristika sein. Es können logische Relationen (wie „aus diesem Grund“) oder bestimmte Nebensätze (z.B.: „weil ich kein Geld hatte“) sein. In anderen Worten: Dies ist das satzbezogenen Äquivalent zur wortbezogenen Kategorie „Komplexe Strukturen“ (siehe oben). Um solche Elemente zu testen, benutze Geschichte/Texte, die viele dieser komplizierteren Konstruktionen beinhalten und siehe, wie viel der Lerner versteht.
– Vokabular: Dies ist vielleicht die wichtigste Kategorie und sicherlich die größte Hürde zum Verständnis für die meisten Lerner. Es gibt keinen Weg drum herum: Lerner müssen mit vielen Wörtern vertraut werden. Sorge für Breite (verschiedene Themen/Lebensfelder) und Tiefe (technisches und andere schwierige Begriffe, formale und informelle Terminologie) im Vokabular des Lerners.
– Soziolinguistisches: Wie gut versteht der Lerner, wenn argumentiert wird? Was ist mit kulturellen Referenzen? Rhetorische Kunstgriffe?
– Kontextuelle Hinweise: Das ist eine Kategorie, die ich wohl zu meiner Liste hinzufügen werde. Wie gut versteht der Lerner einen Satz mit einem neuen Wort drin? Wie viel leitet er aus dem Kontext ab, ohne jedes Detail zu verstehen? Das ist eine sehr wertvolle Fähigkeit.
Dies ist erst mal alles für diesen Beitrag. In Teil 2 werde ich die Fertigkeiten bei Sprechen und Gesprächskompetenz näher anschauen.