In den letzten vier Beiträgen sprach ich davon warum (und warum nicht) man seine Sprachfähigkeiten testen sollte und welche Fähigkeiten getestet werden sollten. Diesmal gucken wir die überaus wichtige Frage an, wie wir letztlich den Einstufungstest machen.
Zuallererst: Nehme die drei großen Kategorien (oder alle fünf, wenn du mit einer geschriebenen Sprache arbeitest), die wir im letzten Beitrag diskutiert haben – Hörverstehen, Sprechen und Gesprächskompetenz (und eben vielleicht auch Lesen und Schreiben) und wähle Aktivitäten, die dem Lerner erlauben, in jeder dieser Kategorien seine Fähigkeiten zu zeigen. Für das Hörverstehen, zum Beispiel, kannst du eine Reihe von Aufnahmen wählen und ihn bitten, das was er verstanden hat, zusammen zu fassen. Fürs Sprechen hast du vielleicht eine Liste von Beschreibungen, Geschichten oder überzeugende Argumente. Für die Gesprächskompetenz können ein paar Rollenspiele nützlich sein, besonders solche die vom Lerner und vom Muttersprachler eine Art Übereinkunft oder Lösung erfordern.
Wie verwendet man diese Aktivitäten? Lass einen Muttersprachler der entsprechenden Sprache sich mit dem Lerner treffen und ein paar dieser Aktivitäten machen. Wenn sie zu einfach sind, springe zu schwierigeren. Das ist eine Technik, die sich „spiraling“ (dt. Kurvenflug) nennt, normalerweise in den mündlichen Einstufungstests der ACTFL (American Council of Teachers of Foreign Languages) genutzt. Die Idee ist die, dass man jemanden in seinen Fähigkeiten in einer bestimmten Kategorie so antreibt, bis klar ist, dass er oder sie die Aufgabe nicht mehr bewältigen kann. So spielt man immer schwierigere Aufnahmen vor, bis der Lerner sie nicht mehr gut versteht, oder der Muttersprachler fragt immer komplexere Fragen, bis der Lerner nicht mehr angemessen antworten kann. Das gibt dir, dem Begutachter, eine klare Idee, wo die Grenzen des Lerners sind.
Allerdings musst du nicht nur nach allgemeinen Fähigkeiten innerhalb der drei (oder fünf) Kategorien gucken. Schaue nach einzelnen Fähigkeiten (ich habe im letzten Post 16 aufgelistet) und achte darauf, wann diese Fähigkeiten im Test auftauchen (oder auch nicht). Wenn einzelne Fähigkeiten unklar bleiben, kannst du Aktivitäten bereit stellen, welche diese isoliert prüfen. Zum Beispiel: Wenn du die Fähigkeit des Lerners beim Verständnis komplexer Wörter testen möchtest (Wörter mit vielen Teilen in sich), kannst du einen Text mitbringen (oder eine Aufnahme), der viele solche Wörter enthält, und sie von einem Muttersprachler vorlesen lassen. Prüfe, wie gut der Lerner klar kommt.
Das ist die generelle Idee, wie ein Einstufungstest vor sich gehen kann. Ein paar weitere Anmerkungen:
- Zuerst: Es geht um natürliche Sprache in einem interaktiven Umfeld. Du willst nicht die Fähigkeiten des Lerners testen in einem unnatürlichen Setting, in welchem der Lerner sich nie befinden wird. Zum Beispiel: Arbeite nicht nur mit Sprachaufnahmen – es muss Interaktion mit einem Muttersprachler geben. Und lass den Lerner nicht minutenlang ohne Unterbrechung reden. Das passiert im echten Leben selten. In anderen Worten: Gestalte den Einstufungstest so nah am echten Leben wie möglich, während er die Sprachfähigkeiten so deutlich wie möglich aufzeigen sollte.
- Lass Lerner nicht „für den Test lernen“. Das heißt, wähle keine Themen, die sie gut können, und richte die Übungen danach aus. Versuche eine große Breite von Themen, eine große Breite von Lebensfeldern zu wählen, so dass du ein gutes Bild von den allgemeinen Fähigkeiten des Lerners bekommst.
- Sei sicher, dass der Test ermutigend und motivierend für den Lerner ist. Wie ich im ersten Post erwähnte: Wenn ein Test den Lerner nicht zum Weitermachen ermutigt und auf Fortschritte hoffen lässt, dann ist er die Arbeit nicht Wert. Während du seine Fähigkeiten aus dem Lerner heraus quetscht und ihn oder sie schon ein wenig über sein eigentliches Niveau hinüber zwingst, solltest du sicherstellen, dass du all das mit einem Geist der Ermutigung und Empathie machst.
Nächstes Mal diskutiere ich noch ein paar Dinge, wie man Tests macht. Aber das hier ist die Basis.