Bernd F. W. Springer: Das kommt mir spanisch vor ! Einführung in die deutsch-spanische Kommunikation. München, Iudicium, 2012; 277 Seiten, 28 Euro.
Arne hat in diesem Blog schon viel über die Bedeutung der Kultur geschrieben: wie wichtig es ist, nicht nur die Sprache zu lernen, sondern ganz in die Kultur einzutauchen. Daher war ich froh, als ich dieses Buch in den Händen hielt: Kann es einen Schlüssel zu gelingender Kommunikation sein?
“Die eigentlichen Verständnisschwierigkeiten zwischen Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen, sind nicht grammatischer, sondern kultureller Art“ stellt auch Bernd F.W. Springer fest. Diesem Problem will er mit seinem Buch begegnen, indem er einen Überblick gibt über die kulturellen Unterschiede, die im Kontakt zwischen Spaniern und Deutschen auftreten.
Der Autor ist 1962 in Düsseldorf geboren. Dort und in Paris absolvierte er ein Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie. Seit 1994 ist Bernd F.W. Springer Professor für Deutsche Philologie an der Universitat Autònoma de Barcelona.
Springer schreibt, er habe Ende der 1990er Jahre „zum ersten Mal eine kompakte Anschauung davon gewonnen, dass die traditionelle Fremdsprachenphilologie völlig unzureichend ist, um jemanden in die Lage zu versetzen, in einer anderen Kultur adäquat zu reagieren“ (S. 39). Diese Aussage kann so unbestritten stehen bleiben. Inzwischen zielen zahlreiche Studiengänge in Interkultureller Kommunikation, Internationaler Unternehmenskommunikation oder Kulturraumstudien darauf ab, diese Lücke zu schließen.
Auch Springer will einen Beitrag zum Gelingen der interkulturellen Kommunikation zwischen Deutschen und Spaniern leisten. Dafür beschreibt er ausführlich die nationalen Stereotypen, wobei er zwar zugibt, dass zwischen „Deutschen und Rheinländern“ Unterschiede existieren, im Buch aber meist alle Deutschen und alle Spanier in ihrem jeweiligen Nationalcharakter pauschal behandelt werden, jenseits der regionalen Differenzierung. Springers Erfahrungen und Beispiele wiederum stammen fast ausschließlich aus Barcelona, also aus der Region Katalonien.
Das Buch liest sich amüsant bis süffig. Leider fehlen Struktur und theoretische Hintergründe.
Der Autor reiht nun auf über 200 Seiten eine Situationsbeschreibung an die nächste: Missverständnisse bei Verabredungen bezüglich der Pünktlichkeit; die von Deutschen falsch verstandene Frage „How do you do?“, die keine Antwort erfordert, etc. Dabei überwiegen die Anekdoten, von zeitgenössisch bis historisch (das Treffen von Hitler und Franco in Hendaye), und auch in den üppigen Fußnoten, die bis zu 90% einer Seite ausmachen, stehen mehr Anekdoten als Literaturangaben. Der Sinn der Aufteilung in Fußnote und Textkörper erschließt sich daher nicht.
Das Buch liest sich amüsant bis süffig, es lässt den Leser zeitweise schmunzeln, zumal es auch ein Kapitel zum interkulturellen Witz und der Komik der Stereotype gibt. Leider fehlen aber Struktur und theoretische Hintergründe. Irgendwann nach dem Durchgang durch Gegenwart und Geschichte, durch Spanienbilder und Deutschlandbilder ist das Buch zu Ende. Ich vermisse Hinweise auf und Ausführungen zu Theorien der Interkulturellen Kommunikation bzw. allgemein kommunikationstheoretische Ansätze (siehe dazu auch ausführlich die Rezension von Guido Rings in gfl-journal 2014:1 ; http://www.gfl-journal.de/1-2014/rez_Rings.pdf )
So bleibt Das kommt mir spanisch vor! eine Sammlung lebendiger und anschaulicher Fallbeispiele, die aber keine allgemeine Gültigkeit haben können und aus denen die Leserinnen und Leser selbst ableiten müssen, wie sie in Zukunft diese Fallstricke der interkulturellen Kommunikation vermeiden können. Es ist – wenn es von einer erfahrenen Lehrkraft eingesetzt wird – eine Fundgrube und Materialsammlung für den Unterricht, es ist eine amüsante Lektüre für den Flug oder die Zugfahrt nach Spanien. Als Material für Selbstlerner kann ich es nicht empfehlen..