Andere Länder, andere Sitten – so weit so gut.
Andere Länder, andere Preise. Genauso klar und logisch!
Andere Länder, andere Lebensverhältnisse, andere Lebensstandards, andere Art mit Geld umzugehen.
Für uns in der westlichen Welt bedeutet es meistens, dass die “anderen” ärmer sind, vielleicht sogar unter der Armutsgrenze und in unangenehmen Verhältnissen leben. Aus ihrer Perspektive heißt es, wir sind reicher, leben in unvorstellbarem Luxus und sind an Dinge gewohnt, von denen sie nur träumen.
Für uns persönlich hat das einige Konsequenzen, an die man sich erst gewöhnen muss. Während wir als Reisende, die viel im Ausland sind, zuhause als arme Schlucke angesehen werden, sind wir hier im Land die Superreichen, die sich alles leisten können, die einkaufen gehen können, wenn immer sie Lust dazu haben und nicht auf Preise achten müssen. Fast alles ist extrem billig für uns.
Zwei Beispiele:
- Wir möchten einen sehr besonderen Gedichtband kaufen. Er ist in einer lokalen Berbersprache geschrieben, die nicht mal ein eigenes Alphabet hat, mit Übersetzungen ins Französische und Arabische, plus ein Lexikon der wichtigsten Begriffe und das ganze in einer Sonderedition! Also, insgesamt ein sehr ungewöhnliches Buch. Als der Verkäufer den Preis von zwei Euro nennt, bin ich so erstaunt, ich kann es nicht glauben. Aber er hat den Preis dann mehrmals wiederholt!
- Und beim Frisör zahlt meine Frau drei Euro und ich einen.
Wie gehen wir damit um?
Wie können wir mit den Unterschieden, den Diskrepanzen umgehen, mit denen wir täglich konfrontiert werden?
Ich muss zugeben – es kann schnell ein größeres Problem werden. In Nordafrika hat fast jeder französisches Fernsehen. Die Leute sehen den Reichtum in Europa. Sie kennen die Unterschiede, sehen die Werbung für die verrücktesten Produkte und nehmen an, dass Europäer all das kaufen. Wir stehen dazwischen und müssen lernen taktvoll damit umzugehen.
Die Situation ist ungerecht und wir werden sie kaum ändern. Wir können versuchen, unser Geld gut zu verwenden. Die folgenden Richtlinien helfen uns dabei:
- Wir sind dankbar für unseren Reichtum, auch wenn wir uns häufig nicht sehr reich fühlen, und nehmen wahr, dass es auch in Europa arme Leute gibt.
- Wir fragen unsere Freunde hier vor Ort, wie wir uns verhalten sollen und welche Erwartungen sie an uns haben.
- Wenn Leute um Hilfe bitten, stellen wir Fragen, überprüfen die Situation und geben in der Regel etwas aber niemals alles, worum sie gebeten haben.
- Und wir vergessen nie, dass auch wenn die wirtschaftliche Situation in Europa nicht rosig ist, auch wenn viele Leute klagen und von Krise reden, diese Länder sind mit die reichsten in der Welt.
80% der Weltbevölkerung lebt in Ländern wie Peru, Tansania, Indien, Vietnam oder halt hier in Algerien. Sie müssen sich keine Sorgen machen über staatliche Sozialsysteme, denn die gibt es eh nicht. Wir sind die Ausnahme, nicht die anderen.
[Mike, ein Freund von Arne, lebte 2010 bis 2011 für fast zwei Jahre in Algerien. Er hat uns erlaubt, ein paar seiner Kurzgeschichten über Land und Leute sowie die Sprache zu übernehmen, die er in der Zeit an Freunde versendet hat.]