„Er hat seine Hände hinter seinem Rücken“ – auf Deutsch oder Englisch könnte ich auch sagen: „Er hat die Hände hinterm Rücken“. Ich brauche den Bezug zum Subjekt nicht. Auf Arabisch geht das nicht, es muss zwingend beide Mal „sein“ stehen. Vielleicht liegt es daran, dass Arabisch kein explizites Subjekt brauchen, so dass der Bezug obligatorisch wird.
Solche Dinge fallen mir jetzt ständig auf:
- Konstruktionen, die nicht in das System europäischer Sprachen passen,
- Wörter und Phrasen, die man so nicht sagen kann oder darf,
- Wörter, die mehrere Dinge bedeuten, die für uns nicht zusammen passen.
Kurz vor dem Durchbruch?
Die Frage, die ich mir seit längerem stelle:
-
Wann ist der Zeitpunkt gekommen, um mit jedem und in jeder Situation Tunesisch zu reden?
-
Wann sollte ein Gespräch, das ins Französische abgleitet, von mir auf Arabisch weitergeführt werden?
Weiterhin ist es so, dass ich einiges auf Tunesisch nicht sagen kann. Viele detailliertere Antworten werde ich nicht oder nur zum Teil verstehen. Leute wechseln dann ins Französische, wenn sie können und wollen.
Die Spannung besteht darin, dass ein kompletter Wechsel besonders für mich anstrengend ist. Aber irgendwann ist er natürlich nötig. Momentan nutze ich manchmal eine Vermischung der Sprachen, die hier auch erlaubt ist. Viele Fachwörter sind französisch und manch andere Wörter auch, die es aber auch auf Arabisch gibt wie „Geschenk“, das für Tunesier „cadeau“, sprich kado, heißt.
Was ist ein Durchbruch?
Ich habe mein momentanes Ziel so definiert: Ich möchte in jeder Situation ein Gespräch zunächst auf Tunesischem Arabisch führen können. Falls es sehr ins Details geht, ist der Wechsel der Sprache okay. Aber ich möchte auf Dauer im Arabischen klar kommen.
Mein Vergleichspunkt ist hierfür mein Französisch. Ich habe Französisch in Nordafrika sprechen gelernt, nachdem ich Grammatik und Verstehen in einem Semester in Frankreich studierte. Dort blieb das Sprechen klar im Verzug, bedingt durch die Lehrerin aber auch durch mein zögerliches Verhalten und fehlende Gelegenheiten. Die Gelegenheiten hätte ich mehr suchen müssen.
Französisch lernen in Afrika war natürlich was besonderes. Ich habe wesentlich geduldigere Gesprächspartner gehabt als in Frankreich. Allerdings hatte es zwei gravierende Nachteile, was meine Sprechfähigkeiten und die Grammatik angeht.
-
In Nordafrika wird das Futur kaum verwendet, man denkt nicht in Visionen und Plänen, was dazu führte, das ich das Futur kaum kann und nie anwende.
-
Zudem diskutiert man nicht in Bedingungssätzen und Konditionalsätzen, Sätze wie „Wenn wir dieses getan hätten, dann könnten wir jetzt jenes machen“ sagt hier keiner. Auch diese Phrasen kann ich nicht bzw. bin mir nicht wirklich sicher, wenn ich sie verwenden muss.
Was ich kann, ist, mich gut durch den Kommunikationsdschungel durch zu schlängeln. Ich kann mich „debroullieren“, wie man von französisch „debrouiller“ sagen könnte, was so viel wie „entnebeln“ heißt. Auf Deutsch: Ich komme klar!
Und dann weiter …
Das ist mein Ziel: klar kommen. Nicht perfekt, nicht immer richtig, aber irgendwie durch.
Danach sollte es natürlich weitergehen. Danach möchte ich auf höheres Niveau. Aber wie gesagt: Ich lebe im Land und erst mal klar kommen in (fast) jeder Situation, wäre schon ein sehr gutes Ergebnis.