Ich weiß, ich werde reisen und länger in einem fremden Land bleiben. Ich weiß, was grob auf mich zukommt. Ich bin gespannt und freudig erregt, aber auch nervös. Das ist alles normal. Aber, wie bereite ich mich darauf vor, dass der Kulturschock kommen wird? Wie verhindere ich diese emotionale Irritation? Viel lesen und recherchieren über die neue Kultur? Sprache lernen bereits anfangen? Freunde suchen über das Internet?
Wie bereite ich mich vor?
Das klingt alles verlockend und auch nicht falsch. Es ist aber häufig nicht wirklich hilfreich. Sprache lernen ist viel einfacher im Land – es sei denn, ich weiß bereits, dass ich dazu kaum Zeit haben werden. Bücher und Artikel über Land und Leute bleiben abstrakt und leblos. Nein, in gewisser Weise ist das Gegenteil richtig: Wisse genau, wer du bist, woher du kommst und welche Geschichte deine Familie und dein Volk hat!
Das Ziel ist folgendes: Ein Kulturschock ist eine Irritation der Gefühle und der Werte, die ich von Kindesbeinen an mit bekommen habe. Diese Irritation ist unterschwellig und subtil, ich verstehe sie nicht wirklich, da ich über die Gefühle und Werte meiner Herkunftsgesellschaft (zumeist) nie nach gedacht habe. Und genau das sollte ich machen, um mich au die unvermeidliche Konfrontation mit dem Fremden vorzubereiten.
Frage dich selbst: Wie sind wir? Was zeichnet meine Familie und mein Volk aus? Gibt es Besonderheiten? Welche Phasen in unserer Geschichte sind extrem, sehr gut oder sehr schlecht und warum? Solche Fragen sollte ich mir stellen und beantworten können.
Ein Beispiel: Ich bin Deutscher und im Ausland begegnen mir ständig zwei Phänomene: Der Nationalsozialismus und damit die Zeit von 1933 bis 1945 und die relativ starke deutsche Wirtschaft und der damit verbundene hohe Lebensstandard. Damit muss ich mich beschäftigen und mich fragen. Wie gehe ich damit um, wenn Leute Hitler toll finden und die deutsche Wirtschaftskraft beneiden? Bezüglich der Kultur stoße ich immer wieder auf das Problem, dass ich als Deutscher sehr direkt sein kann und mit Höflichkeitsformeln schlecht umgehe.
Über all diese Dinge kann ich im Vorhinein Freunde fragen und Diskussionen beginnen. Aber Vorsicht: Das kann man nicht mit jedem und viele werden nur ein oder zwei Mal darüber diskutieren wollen. Dann ist der Zug abgefahren.
Es gibt viele Bücher über DIE Deutschen, DIE Franzosen oder andere Nationen, die sehr hilfreich sein können. Man muss sie mit Vorsicht genießen – siehe Klischees und Vorurteile – aber besonders wenn man über seine eigene Kultur und Mentalität liest, ist die Gefahr gering, in Vorurteile abzurutschen. Man wird evtl. nicht mit dem Gesagten einverstanden sein oder sogar beleidigt reagieren. Trotzdem sind diese Bücher hilfreich.
Sechs Tipps
Ganz konkret ein paar Hinweise auf gute Vorbereitung:
- Eine kurze Urlaubsreise ins Land vor dem Umzug kann Wunder wirken. Man kommt als Tourist, man fährt wieder und man hat Zeit, Unterschiede zu entdecken.
- Nicht zu viel über das neue Land und die Mentalität seiner Menschen lesen und studieren. Ein wenig kann helfen, aber das meiste wird erst helfen, wenn man dort ist.
- Die Geschichte des eigenen Landes kennen, besonders in Bezug auf das Gastland. Deutschland und Tunesien haben relativ wenig gemeinsame Geschichte, das wenige sollte man kennen lernen. Frankreich und Tunesien haben extrem viel gemeinsame Geschichte, hier gilt es das Wichtigste zu kennen.
- Sich selber kennen: Mag seltsam klingen, ist aber wichtig. Bin ich ein typischer Deutscher oder Franzose oder was ist besonders an meiner Biographie?
- Mit Freunden und Familie zu hause über den Umzug reden und in Kontakt bleiben. Das ist heutzutage sehr einfach, aber sehr wichtig. Wie geht es mir? Das kann man in Rundbriefen schreiben, auf einen Blog stellen und gezielt auch um Feedback bitten. Je besser ich meine Erlebnisse schildern kann, desto besser habe ich sie meist verdaut.
- Alles, aber auch alles so unkompliziert und einfach planen und organisieren wie nur möglich! Alles was kompliziert ist, ist von Übel. Kompliziert wird das Leben von alleine, vor allem im Ausland. Im Zweifelsfall Dinge zu hause lassen und später nach holen wenn man sie dann doch braucht!
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