In ersten Teil dieses Textes habe ich geschrieben, daß die EuroCom-Methode – auch als Sieben Siebe bekannt – vor allem auf gemeinsame Elemente im Wortschatz und auf unser strukturelles Wissen über Sprache zurückgreift, um in wenigen Stunden ein Leseverständnis in einer Fremdsprache zu erreichen.
Nun will ich die Methode anhand von EuroComRom, dem Kurs für romanische Sprachen näher vorstellen. Die genannten Webseiten bieten die Kurse für das Selbststudium an und enthalten Aufgaben, Wortlisten, Tutorials, Text- und Audiodateien, gehen aber auch auf die didaktischen Hintergründe der Methode ein. Sie wenden sich vorrangig sich an Lerner mit deutscher Muttersprache. (Nach Ende der EU-Projektförderung sind leider inzwischen verschiedenen Sprachversionen und je nach verwendetem Internet-Browser verschiedenen Dateien nicht mehr aufrufbar).
Kursstruktur
Zunächst wird ein internationaler Wortschatz von 500 Wörtern in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt. Hier sollen Assoziationen geübt werden bzw. das Erkennen ähnlicher Wörter ausgehend vom Deutschen (Universität – università, universidad …). Im zweiten Schritt wird nach den Internationalismen ein panromanischer Wortschatz aufgelistet, d.h. Lexeme, die allen romanischen Sprachen gemeinsam sind. Anhand von Wörtern wie herbe, erba, hierba, erva, iarbă und ähnlichen deutschen Lexemen (hier z.B. Herbizid) soll auch hier die Verwandtschaft und Transparenz deutlich werden.
Es folgen die Kapitel zu Lautentsprechungen und Graphementsprechungen. Wenn man weiß, daß sich historisch das –o- im Spanischen zu –ue- entwickelt hat, werden panromanische Wörter wie porte, porta (spanisch: puerta) oder forte (spanisch: fuerte) verständlich. Ähnliches läßt sich für die Graphie, die Schreibung sagen: Das Wissen, daß portugiesisch „nh“, französisch „(i)gn“, italienisch „gn“ und spanisch „ñ“ den gleichen Laut darstellen, trägt zum Leseverständnis von Wörtern wie senhor, seigneur, señor, signiore bei.
Etwas komplexer fällt das Kapitel zu den syntaktischen Strukturen aus, in dem für alle romanischen Sprachen die Satztypen dargelegt werden. Ähnlich komplex und mit viel Übungsaufwand verbunden fällt auch der Abschnitt zu den morphosyntaktischen Elementen aus. Hier werden in Überblickstabellen für die romanischen Sprachen Präpositionen, Artikel, die Bildung des Komparativ und der Adverbien, die Genus- und Numerusmarkierung der Adjektive und Substantive, eventuelle Kasusdeklinationen etc. dargestellt.
Die letzte Lerneinheit „Präfixe und Suffixe“ behandelt wieder internationale, meist aus dem Lateinischen oder Griechischen stammende Wortbildungselemente wie des-, sub- und ihre heutige Gestalt in den romanischen Sprachen, aber auch panromanische Elemente wie das Suffix –tat/-dad/-té (universidad …).
Vorteile
Die Methode EuroCom senkt vor allem die Hemmschwelle gegenüber Fremdsprachen. Sie macht uns klar, wie viel sprachliches Wissen wir bereits mitbringen, ohne eine Sprache jemals explizit gelernt zu haben. In den einzelnen Modulen zu den Sprachfamilien ist die Kenntnis einer Sprache aus dieser Familie absolut notwendig: EuroComRom ist also kein Kurs, um eine erste romanische Sprache zu lernen, sondern ermöglicht es uns, wenn wir z.B. bereits Spanisch können, sehr schnell auch Italienisch, Katalanisch und Rumänisch lesend zu verstehen.
Der Schwerpunkt und die Stärke des Programms liegen eindeutig auf dem Leseverständnis. Zwar gibt es auch Übungen zum Hörverständnis (wie klingen einzelne Laute und Lautkombinationen in den anderen Sprachen, wie klingt ein ganzer Text), sie bleiben aber hinter den Übungen zum Leseverständnis zurück. Für Linguisten sind die weiterführenden Informationen zu Struktur, historischer Lautentwicklung etc. interessant, alle anderen dürfte das eher überfordern und abschrecken.
Fazit
Ein wichtiger Ansatz in der Fremdsprachendidaktik, der in Skandinavien schon lange in den Schulen praktiziert wird, in vielen anderen Ländern aber noch neu ist. EuroCom bringt schnelle erste Erfolge im Leseverständnis und macht so neugierig auf weitere Sprachen.
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