Es war einmal ein Sultan, der hatte einen Sohn. Er wurde, wie alle Söhne von Sultanen, im Palast unterrichtet. Der Sultan holte einen Koranlehrer, der ihn den Koran lehrte. Er holte Professoren, die ihm Wissenschaft, Literatur, Poesie, Geschichte und Geographie beibrachten. Er lernte Reiten und Jagen. Er wurde so kultiviert, dass er auf jedem Gebiet Unterricht erteilen konnte.
„Jetzt möchte ich, dass er ein Handwerk lernt“, sagte der Sultan.
„Wie das Herr?“, fragte der Höfling. „Er ist der Sohn eines Sultans. Er wird später einmal den Platz Eurer Majestät einnehmen. Was nützt ihm da ein Handwerk, das er lernen könnte? Muss er wirklich Tischlerei, Metallverarbeitung, Nähen oder Schuhmacherei lernen?“
„Nichts währt ewig, Höfling! Weder meine Herrschaft noch sonst etwas. Wer weiß, was später das Zünglein an der Waage sein könnte. Was ist, wenn sich sein Volk gegen ihn erhebt und ihm die Herrschaft entzogen wird? Soll er dann ein Bettler sein? Wie viele Könige wurden schon verbannt, ihrer Besitztümer beraubt, ruiniert und verhungerten dann? Ich möchte, dass er ein Gewerbe erlernt. Nehmt ihn mit auf einen Rundgang durch die Stadt, und welches Handwerk auch immer ihm gefällt und ihn interessiert und begeistert, ich möchte, dass er es lernt.“
Die Befehle eines Sultans sollten befolgt werden, also nahm der Höfling den Jungen mit auf einen Rundgang durch die Stadt. Es gab Metallarbeiter, Gerber, Schuhmacher, Hutmacher, Parfümeure, türkische Märkte, Schmuckmärkte und Juweliere. Als er an einem Juweliergeschäft vorbeikam, blieb der Junge stehen und sagte:
„Das ist das Handwerk, das ich lernen möchte.“
„Lasst ihn eine Lehre machen bei einem Meister dieses Handwerks“, befahl der Sultan.
Der Junge begann, das Handwerk eines Juweliers zu lernen, und lernte jeden Tag etwas Neues, bis er es beherrschte.
Eines Tages teilte ein anderer Sultan dem Vater des Jungen mit, dass er seine Tochter verheiraten werde. Der Sultan bereitete ein wertvolles Geschenk vor und schickte seinen Sohn, es zu überbringen. Er ritt mit seinen Rittern und dem Gefolge, die das Geschenk trugen. Sie kamen in der Stadt des Sultans an, nahmen an der Hochzeitsfeier teil, blieben eine Weile und machten sich dann auf den Heimweg.
Als er sich seiner Stadt näherte, kam einer der hohen Beamten seines Vaters, barfuß und barhäuptig, und sagte:
„Wo wollt Ihr hin, Herr? Habt Ihr nicht gehört, dass ein Prinz sich gegen Euren Vater aufgelehnt, ihn getötet und sein ganzes Gefolge umgebracht hat, dass nur ich knapp entkommen bin und dass der Prinz den Thron eingenommen hat? Seid vorsichtig! Wenn Ihr die Stadt betretet, wird er Euch gefangen nehmen und töten, Gott bewahre!“
Die Ritter, die mit dem Prinzen gereist waren und mit ihm zurückkehrten, liefen weg, sobald sie das hörten. Jeder von ihnen zog davon und nahm den Weg zur Stadt. Sie verließen ihn für immer und rannten, um als Erste dort anzukommen und sich in Treue und Gehorsam dem neuen König zu unterwerfen, denn sie wussten, dass die Welt denen gehört, die übrig bleiben und herrschen.
Der Junge schaute nach rechts und nach links und war plötzlich allein. Selbst derjenige, der ihm die Nachricht überbracht hatte, war weiter gelaufen. Der Junge wollte weiter, nur wohin sollte er gehen?
Also lief und lief er, bis er zu einem Hafen kam und ein Schiff fand, das zur Abfahrt vorbereitet wurde. Aber er hatte nicht einmal Geld für die Mitfahrt.
„Würdet ihr mich mitnehmen? Ich werde jede Arbeit machen, die ihr wollt? Ich rudere, ich koche, ich mache die Wäsche, was auch immer ihr wollt.“
Also nahmen sie ihn mit. Die Segel wurden gehisst und das Schiff fuhr ab. Nach einer Weile landete es, wie erzählt wird, in Istanbul. Er ging von Bord, verabschiedete sich von ihnen und machte sich auf den Weg, um in der Stadt herum zu wandern, von einer Straße zur anderen und von einem Markt zum anderen, bis er zum Schmuckmarkt der Stadt kam. Er stand an einer Schaufensterauslage, betrachtete die Schmuckstücke und beobachtete. Manchmal entfernte er sich, manchmal ging er näher heran, manchmal bückte er sich und manchmal schloss er ein Auge und öffnete ein Auge, um den Schmuck gut zu studieren. Der Besitzer des Ladens war drinnen und beobachtete ihn und sagte sich: „Der hier ist entweder ein Dieb, der die Stücke identifiziert, die er zu stehlen gedenkt, wenn er nachts zurückkommt, oder er ist ein Handwerker.“
„Sohn, ist alles in Ordnung? Hast du etwas verloren?“
„Nein, Herr, ich habe nichts verloren, ich beobachte nur.“
„Kennst du dieses Handwerk?“
„Ja, ein wenig.“
„Würdest du gerne für mich arbeiten?“
„Einer, der gut arbeitet, fragt nicht.“
Er stellte ihn mit den Worten ein: „Ich zahle dir einen Riyal pro Tag. Du wirst dein Mittag- und Abendessen in meinem Haus einnehmen. Hier ist eine Bank im Schuppen des Ladens, darauf kannst du nachts schlafen.“
Also begann der Junge zu arbeiten. Er wurde mit einem Riyal pro Tag bezahlt und ging mittags zum Haus, um sein Mittagessen zu holen, und abends, um sein Abendessen zu holen. Etwa sechs oder sieben Monate lang arbeitete er nach diesem Muster: ein Riyal pro Tag, und zum Mittag- oder Abendessen gab es entweder Kichererbsensuppe, Reis oder Quiche. Niemals gab es zum Mittag- oder Abendessen einen Happen Fleisch oder ein Stück Fisch.
Der König jener Stadt hatte eine Tochter, die er verheiraten wollte. Man brachte ihm unter anderem ein Diamantarmband aus Europa mit. Das Armband hatte ein außergewöhnliches Design und eine außergewöhnliche Struktur. Es hatte einen Stil, vor dem der König und sein Hofstaat in Ehrfurcht erstarrten und von seiner Kunstfertigkeit überwältigt waren. Sie bewunderten es, einer nach dem anderen und es wanderte von einer Hand zur anderen. Eines Tages fiel es in Stücke. Das Mädchen begann zu weinen, der König war erzürnt und alle waren entsetzt. Der Höfling sagte:
„Aber Herr, es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir können den Handwerksmeister rufen, um es zu reparieren.“
Sie gingen hin und holten den Handwerksmeister. Dieser Handwerker war derjenige, der auch den Jungen beschäftigte. Er kam und wurde gefragt:
„Herr, könnt ihr dieses Armband reparieren?“
Der Handwerker nahm es und untersuchte es gründlich von einer Ecke zur nächsten. Er studierte es gut; doch manchmal sah es aus wie eine Armbanduhr und ein anderes Mal wie eine Sanduhr. Er konnte nicht herausfinden, ob es einer Schale oder einem Sack ähneln sollte. Er konnte auch nicht bestimmen, wo es anfangen und wie es enden sollte. Das war eine Handwerkskunst, die ihm noch nie begegnet war, und ein Design, das er überhaupt nicht kannte. Aber was sollte er dem König sagen? Hätte er sagen können, dass er nicht wüsste, wie man es repariert?
„Kein Problem, Herr!“, sagte er. „Ich muss es mir genauer ansehen, dann sage ich, was es zur Reparatur braucht.“
Er nahm das Armband und machte sich auf den Weg, wobei er klagte: „Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Der König wird mir den Kopf abschlagen und meine Kinder werden Waisen sein.“
Während er auf seinem Weg ging und nachdachte, wurde er von teuflischen Gedanken attackiert und erwog, ein für alle Mal aus der Stadt zu fliehen. Als er im Laden ankam, sah sein Gesicht aus wie eine Zitrone und als wäre er fünfzig Jahre älter. Der Junge sah seinen Zustand und fragte:
„Was ist los, Meister? Ist alles in Ordnung? Bist du krank?“
„Siehe nur, was der König mir gegeben hat, damit ich es für ihn repariere“, antwortete er. „Ist das überhaupt von hier? Haben wir so etwas schon einmal gesehen? Ich kenne diese Art von Schmuck nicht.“
„Ich kenne dies, Meister“, sagte er. „Das ist Handarbeit aus meiner Stadt. Ich habe schon an solchen Dingen gearbeitet. Lasse es mich für dich reparieren.“
„Was?“, fragte er. „Du kannst es reparieren?“
„Ich werde es reparieren.“ sagte er. „Gib es mir und sei unbesorgt.“
Er ließ es bei ihm und machte sich auf den Heimweg. Der Junge schloss den Laden und blieb die ganze Nacht auf und arbeitete daran. Am nächsten Morgen kam der Meister herein.
„Hier ist das Armband, Meister“, sagte der Junge.
Der Meister nahm es und war sofort von Freude erfüllt. Er prüfte es von einer Ecke zur anderen. Er konnte nicht einmal sagen, wo es ursprünglich gebrochen und wo es repariert worden war. Ohne zu zögern, packte er es ein, ging zum Palast und übergab es dem König.
Der König prüfte es, hob es auf, legte es ab, lief zum Fenster, starrte es an, studierte es im Licht, holte den Spiegel und die Lupe, aber da war kein Riss, kein Zeichen einer Reparatur, keine Schweißnaht, nichts.
„Sehr gut gemacht!“, sagte er. „Du bist ein wahrer Handwerksmeister, einer, der über allen anderen steht.“
Dann befahl er dem Kämmerer, ihn mit einem Sack von fünfhundert Dinaren zu belohnen.
Nun könnte man meinen, dass der Junge an diesem Tag Fleisch oder Fisch zum Mittagessen bekommen hätte, oder dass der Meister ihm sogar einen Dinar von den fünfhundert gegeben hätte. Aber nein, sein Mittagessen bestand aus Eiern und Tomaten, sein Abendessen aus Kichererbsensuppe und sein Lohn war ein Riyal wie an jedem anderen Tag.
Die Königstochter nahm ihr Armband, war sehr zufrieden und zeigte es ihren Zofen und Hofdamen. Eine von ihnen sagte zu ihr:
„Aber Fräulein, warum hat das eine Handgelenk einen Armreif und das andere nicht? Warum habt ihr nicht zwei Armbänder?“
„Oh, Ihr habt Recht!“, sagte sie.
Dann rannte sie sofort zu ihrem Vater und sagte:
„Papa, ich will noch so ein Armband wie dieses hier.“
„So wie dieses? Aber woher, meine Tochter? Dieses hier wurde auf einem anderen Kontinent hergestellt.“
„Könnte derjenige, der es repariert hat, nicht wissen, wie man ein anderes wie dieses macht?“
„Oh, das stimmt,“ sagte er.
Dann befahl er, dass der Handwerksmeister gerufen werden sollte.
„Herr, ich möchte ein weiteres Armband wie dieses hier.“
Der Mann war schockiert und sagte zu sich selbst: „Dieses Mal werde ich ruiniert sein. Wird mein Mitarbeiter in der Lage sein, ein anderes wie dieses herzustellen? Nun, das werden wir sehen.“ Er bat um etwas Zeit und ging dann zu dem Jungen und sagte:
„Sohn, ich bin dem Untergang geweiht, wenn du mich nicht retten kannst. Kannst du noch so ein Armband wie dieses machen?“
„Ja, das kann ich, Meister“, sagte er. „Das wird aber eine Woche Arbeit erfordern.“
„Junge, du kannst dir einen Monat Zeit nehmen, wenn du willst.“ sagte er. „Das Wichtigste ist, dass du eines genau wie das andere machst.“
Also wurde das Armband angefertigt, für die Auslieferung vorbereitet und zum König gebracht. Der König erhob sich von seinem Thron, umarmte ihn und heftete ihm einen Orden an die Brust. Er bot ihm eine Kutsche an und befahl dem Kommandanten der Wache, die königlichen Soldaten anzuweisen, den Handwerksmeister jedes Mal zu grüßen, wenn er in den Palast kam.
Doch der Junge bekam immer noch nichts davon ab. Er zwang sich immer noch die Eier und Tomaten und die Kichererbsensuppe hinunter, und sein Lohn betrug immer noch einen Riyal pro Tag.
Die Königin aber wurde eifersüchtig auf ihre Tochter und sagte:
„Habe ich meine ganze Schönheit und meinen Charme verloren? Du behandelst mich, als wäre ich eine Invalidin oder hätte alle meine Zähne verloren. Ich will zwei Armbänder wie diese.“
Wenn eine Frau nörgelt, sollte ein Mann besser zuhören. Der König gehorchte und befahl, dem Handwerksmeister zu sagen: „Ich möchte, dass du mir zwei weitere Armbänder wie diese machst.“
Er ging zu seinem Arbeiter:
„Sohn, ich weiß, dass ich dich überarbeitet habe, aber da du für mich wie ein Sohn bist, mache noch zwei Armbänder wie diese.“
Der Junge senkte den Kopf und sagte: „Ja, Meister.“
Er fertigte die beiden Armbänder an und reichte sie seinem Meister, der loslief, um sie dem König zu bringen. Wie würde er ihn belohnen? Was würde er für ihn tun? Er machte ihn zum Kanzler und schickte die beiden Armbänder an die Königin, die überglücklich darüber war.
Und da Frauen von Natur aus aufmerksamer sind und mehr hinterfragen als Männer, untersuchte und prüfte sie die Armbänder, als sie einen eingravierten Text darin fand. Er war so winzig, dass man ihn kaum erkennen konnte.
„Bringt mir ein Vergrößerungsglas.“ Sie brachten ihr eine Lupe.
„Was haben Sie gefunden, Madam?“
„Ihr Unglücksbringer, stoppt! Wenn ihr nicht aufhören wollt, dann habt Mitleid. Ich ging auf die Suche nach meinem Anteil am Leben, aber ich fand, dass mein Anteil verschwunden war. So fand ich weder meinen Anteil noch mein Werk. Viele Narren sind wohlhabend, während viele Gelehrte unbekannt sind.“
Sie lief zum König und fragte: „Was bedeutet dieser Text? Was hat mir dieser Mann geschrieben?“
Er nahm die Lupe, las ihn und sagte: „Würde dieser Handwerksmeister wirklich einen solchen Text schreiben? Was will er damit bezwecken? Profitiert er nicht schon von seinen Talenten und verdient er nicht schon viel Geld an mir? Und habe ich ihm nicht schon einen Orden und eine Kutsche geschenkt? Wurde er nicht gegrüßt und ich weiß nicht, was noch? Und ist er nicht Kanzler geworden? Geht und bringt ihn zu mir.“
Sie gingen ihn holen.
„Was wollen Sie mit diesem Text sagen, Herr ‚Handwerksmeister‘?“
Der Handwerker aber hatte den Text nicht gesehen, nicht beachtet und auch nichts davon gewusst. Er stand also schockiert da und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er starrte weiter und sagte dann:
„Herr.“
„Rede!“
„Herr, eine Lüge hat keine Beine. Also werde ich reinen Tisch machen. Die Wahrheit ist, dass ich diese Armbänder nicht gemacht habe und ich weiß überhaupt nicht, wie man sie herstellt. Ich habe einen Mitarbeiter, der Ausländer ist und ich weiß eigentlich nicht, woher er kommt. Er ist derjenige, der diese Arbeit gemacht hat. Er ist derjenige, der das erste Armband repariert und das zweite und die letzten beiden gemacht hat.“
„Dann ist er derjenige, der es verdient, Handwerksmeister zu werden und nicht du.“
Also holte man den Jungen, machte ihn zum Handwerksmeister, gab ihm die Medaille und die Kutsche seines Meisters, machte ihn zum Kanzler und er wurde zu einem Gefährten des Sultans.
Eines Nachts, als sie lange aufblieben, erinnerte er sich an diese Geschichte und den Text und fragte:
„Was meintest du mit dem, was du geschrieben hast?“
„Herr, ich bin der Sohn des Sultans So-und-so.“
„Ja, der ist mir tatsächlich bekannt. Das Volk hat sich in diesem Jahr gegen ihn erhoben und ihn getötet.“
„Ich bin sein Sohn und zu dieser Zeit war ich abwesend. Als ich zurückkam, musste ich feststellen, dass all das geschehen war.“
Der König fand Gefallen an dem Jungen, also vermählte er ihn mit seiner Tochter und schenkte ihm die Hälfte seines Hofes.
Wie die Leute sagen: „Der Reichtum deiner Vorfahren wird nicht überdauern, aber die Arbeit deiner Hände wird es.“