Es war einmal ein Kaufmann, dessen Handel florierte, denn er hatte gute Einkäufe getätigt und gute Geschäfte gemacht. Alle Kaufleute auf dem Markt der Stadt waren eifersüchtig auf ihn. Sie begannen ihn zu ärgern und ihm das Leben schwer zu machen.
Daraufhin beschloss er, seine Waren zu verkaufen und mit seiner Frau und seinem Sohn in eine andere Stadt zu ziehen, in der er niemanden kannte. Dort kaufte er sich ein Haus, eröffnete ein Geschäft und begann von Neuem zu handeln. Da er ein Meister in der Kunst des Handels war, eröffnete er bald ein Geschäft nach dem anderen und konnte seine Waren mit Karawanen bis in den Sudan und nach Alexandria bringen und verkaufen. Mit jedem Tag wurde er reicher und reicher.
Er blieb jedoch ein Fremder in dieser Stadt und wurde von den Menschen nicht gern gesehen. Es gelang ihm nicht, Freundschaften dort zu schließen. Eines Tages starb seine Frau. Er heiratete nicht wieder und lebte allein mit seinem Sohn.
Als dieser älter wurde, erzählte er seinem Vater, dass er heiraten wolle. „Wen willst du denn heiraten, mein lieber Sohn? Wer schätzt schon den Namen unserer Familie in dieser Stadt? Als wir noch in unserer Heimatstadt waren, hätte ich dich mit der Tochter der edelsten Familie verheiratet“, sagte der Vater. „Ich möchte die Schwester meines Freundes heiraten,“ sagte der junge Mann. „Aber die Familie wird uns niemals als Verwandtschaft akzeptieren“, meinte darauf der Vater.
Danach weigerte sich der Sohn zu essen und zu trinken. Sein Herz hatte sich für dieses Mädchen entschieden. Der Vater war besorgt, dass sein Sohn sterben könnte. Deshalb beschloss er, zum Hause des Mädchens zu gehen und ihren Vater um ihre Hand zu bitten. „Woher kommen Sie?“ fragte der Vater des Mädchens. Der Kaufmann nannte ihm seinen Heimatort. „Sehr gut“, antwortete dieser, „und was besitzen Sie?“
Der Kaufmann zählte sein Vermögen auf, welches das des Vaters des Mädchens beim weitem übertraf. „Sehr gut“, sagte der Vater des Mädchens, „ und was macht Ihr Sohn beruflich?“ – „Nun, er ist mein Sohn“, sagte der Kaufmann. „Was heißt das schon, dass er Ihr Sohn ist? Hat er keine Begabungen, keine Fähigkeiten? Ist er nicht einmal ein Hutmacher, ein Juwelier oder ein Weber?“ wunderte sich der Mann. „Nein, ich habe ihm keine Fertigkeiten beigebracht. Aber er wird mein ganzes Vermögen erhalten, wenn ich sterbe.“ – „Und was ist, wenn er alles verschwendet und bald nichts davon übrig bleibt? Dann müsste ich für den Unterhalt der Familie deines Sohnes sorgen.“ – „Man sollte in diesen Dingen nicht so pessimistisch sein, sonst würde niemand mehr heiraten“, antwortete der Kaufmann. „Ich werde diese Ehe nur dann akzeptieren, wenn du deinem Sohn dein ganzes Vermögen über- gibst“, forderte der Mann. – „Alles? Warum? Ist es nicht genug, ihm ein Geschäft zu eröffnen, ihm ein Haus zu kaufen und die Hochzeit auszurichten?“ – „Nein, du musst ihm alles geben, was du besitzt.“
Der alte Mann dachte lange über diese Forderung nach, bis ihm klar wurde, dass er nichts verlöre, wenn er sein Vermögen seinem Sohn geben würde, denn schließlich erbte dieser nach seinem Tod sowieso alles. Also warum nicht jetzt, wo er es am meisten brauchte? Somit überschrieb er sein ganzes Vermögen seinem Sohn, ohne für sich selbst einen Cent zu überlassen.
Die Braut jedoch war arrogant und hochmütig. Sie akzeptierte den Ausländer als ihren Ehemann, weil er ihr gehorchte und sie in allem bestimmen ließ. Aber sie respektierte ihren Schwiegervater nicht und begann, sich über seine Anwesenheit im Haus zu ärgern. Wann immer er mit ihnen an ihrem Tisch aß, sagte sie, er benehme sich schlecht, habe schlechte Essmanieren und würde ihr den Appetit verderben. Sie begann ihn mehr und mehr zu isolieren, indem sie ihm die Räume zuwies, in denen er sich aufhalten durfte. Schließlich landete er in einem Raum in der Nähe des Pferdestalles.
Der Sohn war Jäger und hatte ein Pferd im Stall, das ihm lieb war. Der Stallknecht bedeckte es nachts mit einem Laken, und wenn es kalt wurde, tauschte er es mit einem neuen. Die Diener brachten dem alten Mann das Essen in den Raum neben dem Stall, wo er sich aufhalten musste, ohne dass er etwas tun konnte. Es war ein Raum, in dem nur ein Teppich zum Schlafen lag, wo er nur das Pferd anstarren konnte, das ein besseres Leben hatte als er.
Die Schwiegertochter gebar einen Sohn. Je älter der Junge wurde, desto mehr hasste sie den alten Mann, bis sie es nicht mehr ertragen konnte, sein Gesicht im Stall zu sehen. So sagte sie eines Tages zu ihrem Ehemann, sie wolle ihn nicht mehr bei sich haben. „Was soll ich tun“, fragte der Mann. „Bringe ihn aus dem Haus“, forderte die Frau. „Nun gut“, antwortete er. Der Mann gehorchte blind seiner Frau. Also ging er zu seinem Vater und sagte zu ihm: „Meine Frau will dich nicht mehr hier haben. Du musst gehen.“ – „Wieso? Ich bin dein Vater. Ich habe dir alles gegeben, was ich erarbeitet habe, Wie soll ich leben? Gib mir wenigstens etwas Geld, damit ich einen Platz zum Schlafen finde“, flehte der Alte. „Das kann ich nicht. Meine Frau hat das ganze Geld.“ – „Dann lass mich vor dem Hause bleiben“, bettelte der Vater. Der Sohn war einverstanden, denn der Vater tat ihm leid. Der flehte: „Aber ich brauche ein Bett. Wie soll ich in diesem kalten Winter auf der Straße schlafen? Gib mir wenigstens eine Decke. Du hast gestern ein Laken für das Pferd gekauft . Gib mir das alte.“
Er war einverstanden und rief seinen Sohn: „Geh in den Stall und hole das alte Bettlaken des Pferdes und gib es deinem Großvater.“ Der Junge ging zum Stall, und sein Großvater folgte ihm. Er holte die Decke heraus und bat seinen Großvater zu warten, während er ins Haus zurücklief. Er kam mit einem Messer in den Händen zurück, faltete die Bettdecke in zwei Hälften, schnitt sie durch und gab ihm eine der Hälften. „Was hast du getan? Warum hast du sie durchgeschnitten? Hat dein Vater dich nicht gebeten, mir die ganze Decke zu geben?“ – „Ich werde dir nur eine Hälfte geben“, sagte der Enkel. „Der Sohn ist geiziger als sein Vater!“ rief der alte Mann verwundert.
Er lief zu seinem Sohn und sagte: „Du gabst mir die ganze Bettdecke, aber dein Sohn schnitt sie durch und gab mir nur die Hälfte.“ Der Mann war sehr erstaunt und rief seinen Sohn. „Warum hast du sie durchgeschnitten? Was passiert mit der anderen Hälfte?“ – „Die überlasse ich dir, Vater.“ – „Mir?“ – „Ja, wenn du so alt bist wie dein Vater, werde ich dich auch aus dem Haus werfen.“ – „Was? Du wirfst mich raus? Ist das so?“
Da fiel er vor seinem Vater nieder, küsste seine Füße und bat um Vergebung. Er führte seinen Vater in das Haus zurück, gab ihm das beste Zimmer und sagte: „Dies ist das Zimmer meines Vaters, und wer das nicht akzeptiert, kann das Haus sofort verlassen.“