In Teil 1 dieser Reihe habe ich Euch konstruierten Sprachen (ConLanguages) vorgestellt, in Teil 2 Plansprachen. Jetzt geht es zum Abschluß um Spielsprachen, im Englischen auch Ludlings genannt: Auf spielerische Art verändern Kinder, aber auch Erwachsene, eine vorhandene Sprache nach vorgegeben Regeln. Es entsteht dabei eine Art Geheimsprache, die nur von der Gruppe verstanden wird, die diese Regeln kennt. Allerdings gehen auch Wörter aus diesen Spielsprachen in die allgemein Sprache über.
Die meisten Spielsprachen werden mit einer der folgenden vier Grundregeln gebildet:
Einschub von bestimmten Buchstaben (eigentlich: Lauten oder Phonemen) an einer definierten Stelle des Wortes. Die deutsche Erbsensprache funktioniert z.B. durch das Einfügen von „erbse“ nach jedem Buchstaben/Laut. Das Wort „Erbse“ heißt also Erbse rerbse berbse serbse erbse. Das gleiche Prinzip wird in der niederländischen p-taal (P-Sprache) angewendet: Vor dem ersten Vokal einer jeden Silbe wird –p- bzw. für die Aussprache noch ein fast stummes –e-, also –ep- eingefügt. Der Satz Op straat staat een mannetje (Auf der Straße steht ein Mann) wird zu Epop strepaat stepaat epen mepannepetjepe. Ebenso können in anderen Spielsprachen aber auch Buchstaben oder Laute weggelassen werden.
Verschiebung der ersten und letzten Silbe eines Wortes oder auch Vertauschung der jeweiligen Vokale oder Konsonanten: Diese Methode gibt es in vielen Sprachen, so im spanischen vesre (aus revés , umgekehrt) oder im französischen verlan (aus à l’envers). In Argentinien und Uruguay war dies Bestandteil der Sondersprache Lunfardo, die wiederum eng mit dem Tango und der Tango-Kultur verbunden ist. Gotan (aus tan-go) ist inzwischen fester Bestandteil von Bands, Künstlernamen und Musikstücken geworden, wie bei der französisch-südamerikanischen Musikgruppe Gotan Project. Bei der Vertauschung von Konsonaten über die Silben hinweg wird aus spanisch muchacho (Junge) chuchamo.
Beim Prinzip der Ersetzung werden bestimmte Buchstaben / Laute durch andere ersetzt oder aber ganze Wörter durch andere: Die portugiesische língua do i (I-Sprache) ersetzt ausnahmslos jeden Vokal durch –i- . Die Begrüßung Bom dia wird zu Bim dii, die Frage Tudo bem? (Alles gut?) zu Tidi bim? Ein deutsches Beispiel ist das Kinderlied „Drei Chinesen mit dem Kontrabaß“, das wieder und wieder gesungen wird und dabei jedes Mal ein anderer Vokal verwendet wird: dra Chanasan mat dam Kantrabaß, der Chenesen met dem Kentrebeß und so weiter.
Im Inflationary English werden alle Lautkombinationen, die wie Zahlwörter klingen, um den Wert eins erhöht und durch das entsprechende Zahlwort ersetzt: Anyone for tennis? wird also zunächst gelesen als Any-1 4 10-nis?, dies dann zu Any-2 5 –11-nis? und gesprochen Anytwo five elevennis?
Alle genannten Methoden lassen sich auch kombinieren. Wenn Ihr Euch aus sprachwissenschaftlicher Sicht dafür interessiert, findet Ihr hier den Artikel von Stuart David aus The Encyclopedia of Language and Linguistics. Und jetzt seid Ihr dran: Welche Spielsprachen habt Ihr als Kinder benutzt, welche kennt Ihr? Werden sie heute noch verwendet?