Wir haben gesehen, dass GPA große Vorteile bietet. Immer wieder lese ich, dass Fremdsprachen-Experten „neue“ Erkenntnisse für den Schulunterricht weitergeben, die völlig oder fast GPA-Gedanken entsprechen (siehe hier: https://www.britishcouncil.org/voices-magazine/can-we-learn-second-language-we-learned-our-first, 1.7.2019).
Aber es gibt auch ein paar Dinge, die das Lernen mit der Methode GPA erschweren. Oder vielleicht sollte man eher sagen: Durch einige Annahmen und Ansätze wird das Lernen so sehr anders, man muss sich so sehr umgewöhnen, dass viele Lerner Probleme bekommen.
Hier einige Gedanken:
1. Wenig und wenn dann komplexes Material: Ich empfinde die Methode als relativ simpel und einfach. Man kann vieles sehr einfach anwenden. Wenn man aber Greg Tompson liest (link), werden viele Dinge sehr komplex dargestellt. Auch die Artikel von Chris (link) scheinen mir dies zu bestätigen. Es muss auch einfacher gehen!
Man muss aber ehrlicherweise hinzufügen: Wenn man Sprachlernmethoden untersucht, findet man selten simple Erklärungen. Sehr selten gibt es Hilfen nach Schema F, vieles wird psychologisch, lernpädagogisch untermauert und abgesichert. Damit wendet man sich letztlich nicht an den Lerner, sondern an Lehrer und Universitätspersonal.
2. Vieles hängt vom Sprachhelfer ab: Wenn man einen Sprachhelfer hat, der nicht gut erklären kann oder nicht motiviert ist oder schnell gelangweilt, dann wird es anstrengend. Häufig merkt man das erst nach einer Weile. Auch arbeitet man selten in einer Gruppe, sondern alleine und damit ist das Lernen völlig von nur einer Person, nämlich mir, abhängig.
Auf der anderen Seite muss man sagen, dass auch in einer normalen Klasse vieles vom Lehrer abhängt und wenn man mit diesem nicht klar kommt, hat man Pech gehabt. Ich hatte in der deutschen Universität jeweils ein Semester Portugiesisch und Niederländisch. Beide Sprachen habe ich aufgegeben, weil ich mit dem Lehrer nichts anfangen konnte. Der Portugiese war seltsam, der Niederländer arbeitete nur mit Übersetzen.
3. Keine Grammatik: Viele können damit nicht umgehen, dass sie keine Grammatik lernen sollen. Zu diesen Leuten gehöre auch ich. Ich möchte das System schneller verstehen. Da ich Grammatik studiert habe, fällt mir das leicht und ich studiere mal eben schnell das Phänomen, das ich nicht kannte. Das kann aber nicht jeder. Daher haben viele meiner Freunde parallel zu GPA einen Anfängersprachkurs belegt, um diese Informationen zu bekommen.
Auch an dieser Stelle eine Einschränkung: Auch in normalen Sprachkursen kommt die Grammatik langsam häppchenweise und wird manchmal erst später genauer erklärt, wenn die Lerner so weit sind. Da ist GPA keine Ausnahme, die fehlende Grammatik irritiert aber.
Beim tunesischen Arabisch sagte mir eine Bekannte, sie habe den Sprachkurs belegt, weil sie die Verbklassen und ähnliche Phänomene verstehen wollte. Ich habe daraufhin meinen Sprachcoach gefragt, ob ich diese Verbklassen angucken sollte. Seine Antwort: „Das kannst du tun und du wirst auch nur eine Stunde brauchen, um sie zu verstehen. Es wird dir beim Sprache lernen aber nicht viel helfen“. Er hatte recht.
4. Kein klassisches Vokabel lernen: Dies ist ein Punkt, wo ich völlig mit GPA übereinstimme. Ich hasse das klassische Vokabeln pauken und auswendig lernen. Es ist nervig und wenig effektiv. Es ist viel besser, Phrasen und Sätze, später Texte solange anzuhören, bis sie eingehen und man die Wörter gut versteht. Dann kommen sie von alleine in den aktiven Wortschatz.
5. Fehlende Kreativität: Besonders in Phase 2 ist beim Bilder beschreiben Kreativität gefragt. Man sollte so viel wie möglich sagen, beschreiben, erfinden, einfach reden. Das kann ich nicht. Ich sage, was ich sehe, und da ich kein visueller Typ bin, sondern über die Ohren, über das Hören leben, fällt mir nicht viel auf. Das hat meinen Sprachhelfer total genervt. Er konnte weniger damit umgehen, dass ich kaum was beschreibe und so gut wie nie auf die Idee kam, mit Fantasie zu überlegen, was die Leute sagen, denken oder machen könnten, wo ich nur statische Bilder sah.
Dieses Problem hatte ich in normalen Sprachkursen auch, nur bei GPA kommt es noch deutlicher zu Tage. Hier ist Kreativität meinerseits gefragt. Ich bin in gewisser Weise Lerner und auch Lehrer meiner Selbst. Wenn ich die Methode nicht umsetze, tut es kein anderer.
6. Kein Schreiben, kein Lesen: Viele visuelle Typen wollen unbedingt lesen und schreiben können. Sie notieren sich die neuen Wörter und wollen sie klassisch lernen können. Dies ist kompliziert, wenn die Sprache eigentlich kaum oder gar nicht geschrieben wird. Man kann sich mit dem phonetischen Alphabet (link) behelfen, das beherrscht aber nicht jeder.
Ein Bekannter wollte gleich Arabisch lesen können und hat daher Standardarabisch gelernt und nicht den Dialekt des Landes, indem er lebte. Das hat ihn letztlich um ein Jahr zurückgeworfen, da er nach dem einen Jahr zwar lesen und schreiben konnte. Allerdings sprach er weiterhin kaum etwas vom Dialekt und nahm damit kaum am Alltagsleben der Leute teil.
7. Keine Übersetzung: Jeder Lerner soll versuchen, das Wort als solche zu erfassen und Übersetzungen zu vermeiden. Das ist aber schwierig, wenn man keine klarere Idee davon bekommt, was ein Wort bedeutet. Zwar ist es gut und sinnvoll, ein neues Wort in der Fremdsprache nicht gleich auf ein Wort in der Muttersprache zu reduzieren, wo bereits klar ist, dass die Übersetzung ungenügend ist. Allerdings braucht man vor allem am Anfang Orientierung. Man braucht zumindest eine Idee, was etwas heißt. Wird das nicht erlaubt, besteht für mich zumindest die Gefahr, dass man etwas wesentlich schneller wieder vergisst als unbedingt nötig.
Dies sind einige Nachteile der GPA-Methode. Es sollte herausgekommen sein, dass ich gut mit der Methode leben kann und sie beim Lernen des Tunesischen anwende. Ich würde mich nicht als Verfechter bezeichnen, halte GPA aber für weitaus besser als viele andere Ansätze. Ein Problem bleibt, dass man schlecht Material findet bzw. einen Coach, der einem die ersten Schritte und immer wieder zwischen drin führt.